Hallo an alle zu diesem Thema!
Ich weiß, ich bin hier neu und habe sicherlich längst nicht soviel Ahnung vom Campen wie alle anderen hier. Aber wenn ich von was Ahnung habe, dann von der Hydraulik.
Ich hab mir die Videos angesehen, bei E+P die Bedienungs- und Montageanleitung durch gelesen und sonst noch alles auf You Tube zu diesem Thema. Ich hab lange darüber nachgedacht, ob ich das was gleich kommt schreiben soll, aber ich kann es nun mal nicht leiden, wenn technischer Unsinn oder Unwahrheiten erzählt werden auf Kosten alle armen Käufer. Es tut mir sehr leid, aber Ihr hab alle viel Geld für die typische, technisch billige, Mobilhydraulik bezahlt.
Das hat auch nichts damit zu tun, das ich andere Dinge mache als die hier gezeigten. Erstens ist das nicht so, den wir bauen auch Stützzylinder für Kräne, Feuerwehrfahrzeuge oder Hubbühnen. Und bei allen Zylinder gilt die gleiche Physik. Da gibt es keine Unterschiede, es ist eine klar definierte Naturwissenschaft.
Selbstverständlich kann ich Zylinder so konstruieren, das sie ein Fahrzeug komplett anheben, damit es tatsächlich stabil steht und die Lasten klar definiert sind. Das vollständige Ausheben ist bei Kränen und Drehleiter sogar Vorschrift, damit die Last wirklich vollständig definiert auf den Stützen liegt. Hier ist zur Berechnung lediglich der Lastfall 1 und 2 nach Euler anzuwenden, ein bißchen Reibungskoeffizient, Flächenpressung, Lochleibungsdruckund das Hooksche Gesetz. Das ist das kleine Einmaleins der Ing.-Wissenschaften.
Das Ihr Eure Autos nicht voll ausheben sollt, liegt einfach nur an der mangelhaften Qualität der Hydraulikzylinder. Das läuft hier nach den Berechnungsgrundlagen: Wie viele Stunden ist das Fahrzeug auf der Straße und wieviel davon wird die Hydraulik aktiv betätigt. Unter dieser Prämisse kommen wir alle zu dem Ergebnis, das die Hydraulik nicht mal 10% von der Lebensdauer des Fahrzeugs aktiv ist. Also kann hier doch viel Geld gespart werden. Warum soll ich gute Markendichtungen einbauen, technisch sinnvolle Features vorsehen, die alle Geld kosten, wenn ich es doch auch so aus der Garantiezeit schaffe.
Der Werkstattmeister tut sicherlich was er kann, im Rahmen seiner Möglichkeiten, aber ein Hydraulikfachmann ist er leider nicht. Die von Ihm als Führungshülse bezeichnete Einheit ist der Zylinderkopf. Wie man auf dem Video sehen kann hat dieser einige Rillen im Hintergrund. Dieser Bereich führt die Kolbenstange. Die Rille darin ist erforderlich um die Stangendichtung mit Drucköl zu versorgen, damit diese aktiv wird. Er beschreibt selber in dem Video, das der Zylinder seine Knicksteifigkeit verliert, wenn er weiter ausgefahren wird. Das ist nur die halbe Wahrheit, denn wenn ich einen Zylinder Knickstabil auslegen will, dann ist das eine Frage der Führungslänge und der Qualität der Führung. Wie man in dem Video sehen kann, wird die Kolbenstange direkt im Kopf geführt, also Stahl ( nicht Eisen wie er sagt) auf Hartchrom. Das ist definitiv die billigste und am wenigsten langlebige Variante. Ein guter Zylinder hätte hier mindestens eine Kunststoff, besser eine NE Metall Führung, die vom Drucköl geschmiert wird. Dann knackt und Knatscht auch nichts. Der Zylinderkopf wird offensichtlich nur eingeschraubt und hat keine Passung zum Zylinderrohr. Damit ist es unmöglich eine saubere Führung herzustellen. Die Minimalführung folgt der Regel: Kolbendurchmesser mal zwei ist die mindest erforderliche Führung bis 500 HUB. Eigentlich sollte man es aber rechnen. Das bedeute dann aber, das ich einen realistisch ausgelegten Zylinder für Euren Fall nur mit 270mm Hub und nicht mit 300mm Hub anbieten kann, um hier eine vernünftige "Stützweitenverlängerung" zu erhalten. Der Käufer möchte aber natürlich möglichst viel Hub, also ist das ein Verkaufsargument, das in der Realität aber gar nicht stimmt. Und das geht so weiter, die Handnotbetätigung mit Imbusschlüssel, bei deren Betätigung ich dann unter dem angehobenen Auto liege, und auch noch einen Akkuschrauber zur Betätigung brauche. wer kommt denn auf so etwas? Das ist ja Lebensgefährlich! Das geht im richtigen Leben, z.B. bei Hubarbeitsbühnen usw. wirklich ganz anders. Und jetzt mal zum Umweltgedanken: Man soll Öl an einer Kolbenstange und nach Möglichkeit auch in den Zylinderkopf hinter den Abstreifer spritzen! Und dann? Das wird doch während der Fahrt abtropfen oder im Regen sogar ausgespült! Das ist schlicht nicht zulässig und glatte Umweltverschmutzung! So etwas ist nach der aktuellen Maschinenrichtline schlicht verboten. Es gibt so eine nette Faustformel in der Hydraulik: 1 Tropfen Öl benötigt 100000 Liter Wasser um ungefährlich aufgelöst zu werden.
Jetzt ist Schluß. Er gäbe noch mehr, aber das ändert auch nichts an der Tatsache, das die Hubeinrichtungen am Markt aus Sicht eines Maschinenbau Ing. einfach scheußlich sind. Aber das betrifft leider nicht nur Euch, sondern inzwischen auch viele Produkte im Bereich der Flurförderfahrzeuge. Hier geht es um Stückzahlen und Einkäufer kaufen oft und gerne "billig" ein. Wir haben sogar einen Kunden, der kauft für Deutschland und das nahe Europa billige Einheiten aus Ungarn oder Indien. Liefert er aber nach Asien oder in die USA, kauft er bei uns, da unsere Produkte nicht innerhalb seiner Garantiezeit ausfallen, denn ein Monteureinsatz in diese Region ist einfach zu teuer.
Um Euch noch einen Tipp mit zu geben, man kann das eingesetzte Öl durch nachträgliche Additive verbessern, indem man diese einfach mit in den Tank kippt und dann die Hydraulik ein paar mal durch fährt. Das genutzte ATF Öl ist schon sehr gut und auch nicht billig, aber hier gibt es inzwischen von NULON einen Zusatz der auch wirklich hilft es noch verschleißfester zu machen.
SO, ich hoffe ich hab Euch jetzt nicht zu sehr mit meiner "Klugscheisserei" verärgert, es ändert nämlich leider überhaupt nichts.
Viele Grüße von einem leidenschaftlichen Maschinenbau Dipl.-Ing.