Es war im Sommer des Jahres 2014 am frühen Morgen als ich mit der Erkenntnis wach wurde ... 50 Jahre voll ...
Nach alter Definition ist das mehr als ein halbes Leben. Ich erinnerte mich im Alter von etwa 25 Lenzen im Garten den Nachbarn getroffen zu haben, der gerade an dem Tage 50 Jahre vollgemacht hatte. Ich konnte mir das so garnicht vorstellen, da der gute Robert doch recht fit war und eigentlich doch so richtig im Leben steht und den Eindruck hinterlässt auch gesundheitlich noch voll dabei zu sein. Aus der Perspektive eines mitte 20jährigen war 50 ganz nah an der Greisenzeit.
Wenn ich Fremde traf und man kam auf das Thema "Alter", dann waren Schätzungen oberhalb des tatsächlichen Alters noch angenehm. Genau das nahm aber bei Ende der 30iger Jahre ab. Da war es dann eher so, dass ich bei Aussagen von fremden Mädels mit dem Schätzalter "Anfang 30" noch lange ein Grinsen auf dem innerlichen Gesicht hatte ...
Ältere Freunde hatten dann so Thesen wie "Nach einer Sauferei brauche ich länger um wieder in Tritt zu kommen" oder "Wo ich früher 18 Backsteine auf einmal hochtragen konnte, gehen heute nur noch 6 Steine" und bei der G26 Untersuchung (Atemschutz) fragte die Assistentin besorgt nach dem Alter wenn das Lungenvolumen sich doch nach unten bewegte und ich bereits nach 15 Minuten auf dem Fahrrad etwas deutlicher nach Luft schnappen musste wie in dem Jahr davor.
Am 40igsten Geburtstag stellte ich dann fest, dass ich am Tage nach der Feier um 09:00 Uhr immer noch benommen war von dem 32igsten Bier und dem 8. Schnäpsle wo ich früher doch erst beim 42igsten Bier und der 2. Pulle Schnaps den Kater zu Besuch hatte. Irgendwie war der Lack ab und man hat sich dann doch eher der Vernunft des Alters erinnert und in den folgenden Jahren bereits beim 25igsten Bier und dem 2.Schnaps abgewunken.
MIt 45 ging es dann wieder bergauf. Haus gebaut, 2. Haus gebaut, Wohnmobil 2 Nummern größer gekauft, Kinder groß und aus dem Haus, erster Enkel im Zulauf, völlig relaxt den jungen Leuten beim Bericht vom Urlaub auf den Malediven zugehört ohne auch dahin zu wollen, dem Nachbarn völlig neidlos den neuen Benz gegönnt weil man selber schon 2 in der Garage stehen hat, im Sportverein den Antrag für die Seniorengruppe unterschrieben ohne sich schlecht zu fühlen, mehr Wertschätzung auf gute Freunde als auf neue Eroberungen gelegt ... usw
Wie gesagt, am Tage des 50igsten bin ich morgens mit der Erkenntnis aufgewacht, 50 Jahre voll und ...
- Keine neuen Falten
- Kein plötzlicher Altersstarrsinn
- Keine jugendliche Motivation die Welt auf den Kopf zu stellen
- mit der Erkenntnis alles wesentliche immer sofort und ohne Aufschub erledigt zu haben
- mit der Erkenntnis den Rest des Lebens zu genießen und diesen Genuß noch viele Jahre aufrecht zu erhalten.
Der Spruch des Tages "Heute Fünfzig ist wie das frühere Dreißig" konnte ich mit einmal verstehen und habe mich über meine damalige Verwunderung über den 50igsten von Robert gar nicht mehr gewundert.
Ich fühle mich mit der nicht mehr ganz so ausgeprägten Spontanität und der Lebenserfahrung recht wohl. Vieles hat man bereits gesehen, vieles bereits erlebt und der Drang nach allem Neuen ist nur so ausgeprägt wie es sinnvoll und angemessen ist. Ich muss den Amboß nicht mehr heben, ich weiß wie schwer er ist. Ich muss den Berlin Maraton nicht mehr laufen, ich bin schon weit genug gewandert. Ich muss auch kein Sixpack mehr antrainieren ... Madame lehnt sich lieber an etwas Weiches.
Inzwischen sind 4 weitere Jahre ins Land gezogen und haben Sichtweise und Empfinden bestätigt. Wie die Oma Anna schon sagte ... "Ich bin des Lebens immer froh, was kommen soll, kommt sowieso." Eine Portion Entspannung, gepaart mit einer Lebensweisheit die sich durch Erfahrungen und Lebensdauer entwickelt hat und die notwendige Zurückhalten wenn der Amboß doch mal wieder gehoben werden muss. Dann ist alles gut !
vG
Martin