Leider nehmen Toleranz und Rücksichtnahme auf beiden Seiten rapide ab. Wie auch an anderen Stellen. Seit flächendeckend Tempomaten verbaut werden, halten viele ihre einmal eingestellte Geschwindigkeit für das einzig Wahre und sind nicht bereit, diese auch nur um ein km/h zu ändern - anpassen an den Verkehrsfluss, wozu...
Seit vielen Jahren bin ich immer wieder auf unterschiedlich frequentieren Autobahnen unterwegs, auch mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten - je nach Fahrzeug und Verkehrslage. Fahre ich mit unserem Kleinstwagen oder mit dem Liner, halte ich mich hinter den LKWs. Möchte ich dann mal überholen, warte ich, bis es hinten frei wird, beschleunige bereits vor dem Ausscheren, um den Überholvorgang so kurz wie möglich zu halten, und wechsle unter Wahrung des vorgeschriebenen Einscherabstandes schnellstmöglich wieder auf die rechts Spur. Schließlich weiß ich, wie Abstandsregelsysteme reagieren. Eine deutliche Geschwindigkeitsdifferenz erachte ich als Selbstverständlichkeit, um den nachfolgenden Verkehr nicht mehr als notwendig zu behindern. In meiner Zeit als Busfahrer (Fernreisen) habe ich das auch so gehalten. Ebenso habe ich es vermieden, die dritte Spur (falls vorhanden) zu benutzen und somit zu blockieren. Ich kann nicht von anderen erwarten, dass sie ihre Geschwindigkeit um 30 km/h oder mehr reduzieren, dass ich keine 3 km/h nachgeben muss. Das war mal so eine Art Ehrenkodex. Doch leider beobachte ich immer wieder PKW-Fahrer, die für einen Überholvorgang doppelt so lange brauchen, wie ich mit dem Liner und dabei ähnlich langsam fahren, wie der LKW, den sie gerade überholen.
Andererseits bin ich auch sehr gerne mit hochmotorisierten und schnellen Autos unterwegs. Ist die Autobahn mal frei und kein Tempolimit (das gibt es in Ballungsräumen im Berufsverkehr natürlich nie), lasse ich es schon auch mal gerne laufen. Allerdings immer mit dem Grundsatz, die Bremse nicht benutzen zu müssen. Heißt konkret: Sobald Fahrzeuge sichtbar werden, reduziere ich die Geschwindigkeit. Die Differenzgeschwindigkeit darf beim Überholen auch nicht zu hoch sein, falls doch mal einer ausschert. Und ich möchte auch niemanden, der mit 120 km/h unterwegs ist, auf einen LKW auflaufen lassen. Und natürlich bremse ich, wenn doch mal einer unvermittelt nach links zieht. Was in letzter Zeit leider zunehmend vorkommt. Viele hundert Meter hinter dem nächsten LKW, ohne nennenswerte Differenzgeschwindigkeit. Das ist dann häufig der Moment, wo mich viele, die ich gerade überholt habe, samt Vordermann rechts überholen. Es ärgert mich zwar, ich kann es aber auch verstehen. Zwischenzeitlich habe ich immer wieder den Eindruck, dass einige den Verkehr absichtlich behindern wollen. Sehr schade. Und genau an dieser Stelle habe ich den Eindruck, dass Missgunst eine erhebliche Rolls spielt.
Ebenso schade, dass in vielen Köpfen schnelles Fahren und rücksichtsloses Rasen gleichgesetzt werden. Natürlich gibt es sie auch, die echt Rücksichtslosen, und klar, die werden besonders wahrgenommen - ob mit dem Auto oder dem Motorrad. Oder in allen anderen Zusammenhängen.
Ich persönlich möchte keinesfalls ein generelles Tempolimit, ich fände es ausgesprochen bedauerlich, damit für das rücksichtslose Verhalten anderer und für das Bedürfnis einiger, sich nicht mehr auf den Verkehr konzentrieren zu müssen, bestraft zu werden. Es gibt in Deutschland genug Straßen mit Tempolimit. Und noch fahren wir alle eigenverantwortlich, unsere volle Aufmerksamkeit muss der Straße gehören. Beim Spurwechsel auch dem rückwärtigen Verkehr.
Was ich jedoch sehr begrüßen würde, wären mehr Videofahrzeuge der Polizei, die nach Rücksichtslosigkeit auf allen Seiten sehen. Nach dem Möchtegern-Rennfahrer genauso wie nach dem evtl. Handy-daddelnden Linke-Spur-Blockierer in gleichem Maße. Und ebenso nach E-Fahrzeugfahrern im Stromsparmodus, die am Freitag Nachmittag im Ballungsraum mit Tempo 60 ein Verkehrschaos verursachen (leider auch schon beobachtet).
Viele Grüße
Alex