Ad blue Fluch und Segen

  • Hallo zusammen,


    Rückfahrt aus Spanien in diesem Frühjahr. Nach einigen Kilometer Fahrstrecke kam die Meldung "Störung Ad blue System". Die Meldung verschwand nach einem Tag wieder. Also fröhlich weiter gefahren. Nach einiger Zeit kam die Meldung wieder mit dem Zusatz "Leistungsminderung". Okay, aus Erfahrung wußte ich, dass man noch gut 1000 km fahren kann bevor die Leistung zurück genommen wird. Hat auch geklappt, sind gut zu Hause angekommen. Den MAN in die freie LKW Werkstatt meines Vertrauens gebracht. Abgaseinheit ausgebaut, Leitungen gespült, Düse erneuert und Mengenmessung durchgeführt. Alles zusammen 1000€. Man sagte mir aber schon im Vorwege, falls das Ad blue Fördermodul defekt sei, müßte ich zu MAN. Ihr ahnt es schon, nach kurzer Fahrstrecke wieder die Meldung mit der Drohung der Leistungsreduzierung. Also zu MAN Kosten mit neuem Fördermodul 5500€. Als Erklärung sagte man mir, dass das Fördermodul relativ schnell kaputt geht, wenn die Einspritzdüse verstopft ist oder nicht mehr genügend Ad blue durchläßt. Meine Lehre daraus, ich kontrolliere jetzt bei jedem Ad blue Tanken den Ad blue Verbrauch, fällt dieser nennenswert unter 5% des Dieselverbrauchs, ab in die Werkstatt. Wenn dieser "Roman" dazu beiträgt, dass nur einer von uns keine 5500€ Reparaturkosten bezahlen muss, hat sich das Schreiben, aber auch das Lesen gelohnt.


    Gruß

    Detlef

  • Das ist schon richtig Schorsch und beim MAN wird's richtig teuer. Ich bin froh das wir nur noch 5 TGX haben und wenn die in 2 Jahren weg sind wird es auch keinen mehr geben.

    Die wenigsten Probleme machen bei uns die Actrosen und brauchen gut 5 Ltr weniger Kraftstoff.


    LG Michael

  • Hallo,

    "Segen" war vielleicht etwas übertrieben, aber die Reduzierung der Stickoxyde ist ja schon sinnvoll. Ich hatte auch bis vor 1,5 Jahren ein WoMo (Atego) mit Euro III. Und ebenfalls keinerlei Probleme. Meine Entscheidung auf Euro VI zu gehen lag darin begründet eventuellen Restriktionen vorzubeugen. Ich hoffe nicht, dass ich den falschen Fahrgestellhersteller gewählt habe, alle anderen Hersteller verfügen über wesentlich längere Erfahrungen mit Ad blue.


    Gruß

    Detlef

  • Ich finde es einen Segen von AdBlue, dass wir den seltenen MAN mit Euro V ohne AdBlue haben :saint:


    Alleine aus technischer Sicht sind die Leistungsbereiche, wo AdBlue eine tatsächliche Besserung der Abgaswerte ermöglicht, beim Wohnmobil eher selten, da die erforderlichen Abgastemperaturen wenig erreicht werden. In Situationen, wo der Motor Leistung bringen muss und die Abgastemperatur steigt (Bergfahrten, hohe Ausladung, etc) wird das Stickoxid um bis zu 90% (optimaler Fall) reduziert und in Stickstoff und Wasserdampf umgewandelt. Um da mal eine Relation zu nennen. Ein Frachter, der in den Hamburger Hafen einfährt, produziert mehr Stickoxid als alle Fahrzeuge des LinerTreffs auf einen Haufen in einem kompletten Jahr.

    Solange an der am wenigsten wirksamen Schraube in der Umweltpolitik gedreht wird und die wirklich wirksamen Stellschrauben nicht angetastet werden, hält sich mein schlechtes Gewissen bezüglich AdBlue sehr in Grenzen.


    vG

    Martin

  • wenn für mich Euro V in Frage gekommen wäre, hätte es auf jeden Fall einen MAN gegeben, da MAN der einzige europäischer Hersteller war, von einigen Scania Motoren mal abgesehen, der die Grenzwerte für Euro V ohne ad blue ereicht hat. Damals, 2008 eine kleine Sensation.


    Gruß

    Detlef

  • wenn für mich Euro V in Frage gekommen wäre, hätte es auf jeden Fall einen MAN gegeben, da MAN der einzige europäischer Hersteller war, von einigen Scania Motoren mal abgesehen, der die Grenzwerte für Euro V ohne ad blue ereicht hat. Damals, 2008 eine kleine Sensation.


    Gruß

    Detlef

    Heute kennen wir die Wege, die zu den Abgas-"Sensationen" beitragen können 8o

  • Alleine aus technischer Sicht sind die Leistungsbereiche, wo AdBlue eine tatsächliche Besserung der Abgaswerte ermöglicht, beim Wohnmobil eher selten,...

    Hinzu kommt, dass auch der Treibstoff von sehr guter Qualität sein muss, was spätestens außerhalb Europas eben nicht immer der Fall ist.
    Dann streikt das Chemiewerk im Auto, welches mit Hilfe von AdBlue betrieben wird, und der Motor bleibt stehen.
    Eher ein Problem für Expeditionsmobile und ein Grund, warum z.B. Mercedes für den Unimog das System abschaltbar macht - der Motor läuft dann einfach ohne diese Abgasreinigung perfekt weiter. Es geht also auch ohne.

    Sicher möchten die meisten, dass unsere Fahrzeuge die Umwelt nicht stärker belasten als notwenig.

    Gerade der Hinweis auf die extrem starke Schadstoffbelastung durch Schiffe zeigt, dass es offenkundig eben nicht nur die technische Sicht betrifft (was Martin ja schön differenziert hat).


    Meine Einschätzung ist, dass ein politischer Wille vorherrscht, es den Fahrzeughaltern schwerer zu machen, überhaupt mit einem Auspuff durch die Gegend zu fahren.

    Ich kenne mehrere Metropolen, in denen auf breit ausgebauten Strecken früher mal zweispurig 70 km/h möglich waren und immer mehr dieser Strecken nun einspurig mit teilweise nur noch 30 km/h möglich sind (z.B. die Kölner Ringe).

    Spätestens seit dem Abgasskandal bläst auch den Herstellern dieser "saubere" Wind ins Gesicht.


    Daher kann man aus technischer Sicht klare Argumente liefern, ob AdBlue für Autos wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, wird sich aber den politisch gewollten Gegebenheiten anpassen müssen.

    Oder eben sein AbBlue-freies Fahrzeug über viele weitere Jahre hegen und pflegen.


    Tritt man noch einen Schritt weiter zurück, könnte man natürlich auch darüber diskutieren, ob das Verbrennen von immer seltener werdenden fossilen Brennstoffen (vulgo: Diesel) wirklich schlau ist.

    Mercedes wird in wenigen Jahren LKWs mit 1000 km Reichweite und Wasserstoff als Energieträger anbieten.

    Siehe hier

    Natürlich fehlt dazu noch die Tank-Infastruktur für Wasserstoff, in Deutschland gibt es nur rund 100 Tankstellen für dieses Gas, andernorts noch weniger.

    Aber das ist wieder ein anders Thema.

    Wir leben alle unter dem selben Himmel.

    Doch hat jeder einen anderen Horizont.

  • Hinzu kommt, dass auch der Treibstoff von sehr guter Qualität sein muss, was spätestens außerhalb Europas eben nicht immer der Fall ist.

    Hallo,


    jetzt verstehe ich auch, warum mich der Tankwart in Griechenland nach AdBlue fragte.


    In Griechenland gibt es an jeder Tankstelle zweierlei Diesel. Den normalen und ein Premium. An einer Tankstelle fragte mich der Tankwart, ob mein Fahrzeug AdBlue benötigt. Das verneinte ich und der Tankwart tanke ohne weiter Fragen den normalen Diesel in meinen Tank. Ich gehe jetzt davon aus, wenn ich ja gesagt hätte, hätte er mir den Premium Diesel getankt. Immerhin kostet dieser um die 10 Cent mehr.


    Gruß, Wolfgang

  • Vielleicht zur Erklärung ...


    Ad Blue wird in den Abgasstrang eingeblasen. Das bedeutet, für den Verbrennungsprozess im Motor hat AdBlue zunächst überhaupt keine Bewandnis, wäre da nicht diese rückwirkende Sensorik.

    Da wo AdBlue eingespritzt wird, ist der gesamte Verbrennungsprozess bereits lange gelaufen. Im Abgasstrang wird AdBlue hinter dem Partikelfilter und vor dem SCR-Katalysator (Dieselkat) eingespritzt. Das bedeutet, für den Motorlauf hat AdBlue zunächst überhaupt keinen Einfluß, wie gesagt, wenn da nicht diese Sensorik wäre. Letztendlich geht es nur darum, dass der Gesetzgeber die Hersteller verpflichtet Funktionen einzurichten, die den Betrieb des Fahrzeuges ohne AdBlue verhindert. Das bedeutet, Sensoren bewerten, ob AdBlue in ausreichender Menge vorhanden ist und ob es sich auch tatsächlich um AdBlue und nicht irgendwelche anderen Flüssigkeiten handelt. Das wird auf unterschiedliche Weise gemacht. Eine tatsächliche Messung von Stickoxiden findet da eigentlich nicht statt, sondern es wird einfach eine Differenzmessung von Abgassubstanzen vor und hinter dem Dieselkat vorgenommen. Weichen die Werte ab, so ist die Welt in Ordnung, Weichen die Werte nicht ab, so wird davon ausgegangen, dass das AdBlue wirkungslos ist und eine Störmeldung geht an das Motormanagement, wo Leistungsreduzierung bis zur vollständigen Abschaltung (Startverweigerung) ausgelöst wird. Die Ursache für die Leistungsreduzierung bis hin zum Abschalten ist also weniger technischer sondern eher organisatorischer Natur. Mittels Diagnosesystem kann die Störmeldung abgefangen, einfach sofort nach dem Auftreten gelöscht werden. Diese OBD Adapter sind in D verboten, können aber den Camper in fernen Ländern, wenn kein AdBlue verfügbar ist, zumindest retten.

    In sofern ist die Qualität des Kraftstoffes zunächst für die technische Bewandnis von AdBlue ohne Auswirkung, könnte aber bei den Sensoren eine Reaktion hervorrufen, wenn die Verunreinigungen eine Auswirkung auf das Abgasverhalten beim SCR-Kat bewirken und die Differenzbewertung des Abgases vor und hinter dem Kat beeinflussen.


    Hier übrigens noch eine recht anschauliche Darstellung der Wirkung von AdBlue: (Bezieht sich zwr auf die Schweiz, ist aber gut dargestellt)


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    vG

    Martin

  • ...

    Meine Einschätzung ist, dass ein politischer Wille vorherrscht, es den Fahrzeughaltern schwerer zu machen, überhaupt mit einem Auspuff durch die Gegend zu fahren.

    Ich kenne mehrere Metropolen, in denen auf breit ausgebauten Strecken früher mal zweispurig 70 km/h möglich waren und immer mehr dieser Strecken nun einspurig mit teilweise nur noch 30 km/h möglich sind (z.B. die Kölner Ringe).

    ...

    Schön wäre es, wenn man den links-günen Politikern auch etwas Ad-Blue durchs Gehirn blasen könnte ...

    Aber ja ... die haben wir ja selber gewählt ;(

  • Hallo Detlef,

    Vielen Dank für Deinen Bericht!

    Ich beobachte seit Anfang an den AdBlue-Verbrauch unseres MAN 4Zylinder mit 220PS aus 2015. Er liegt allerdings erheblich unter 5% des Dieselverbrauchs, nämlich ziemlich konstant bei 0,25l/100km.

    Hab ich da einfach Glück, oder hast nur Du einen deutlich höheren Verbrauch?


    Beste Grüße

    Temco

  • Hallo Temco,


    mein MAN hatte nur einen Adblue Verbrauch von ca. 1,5 % des Dieselverbrauches. Wenn ich einen Dieselverbrauch von 20 Litern auf 100km zugrunde lege, dann müßte das Fahrzeug bei 5% Adblue etwa 1 Liter verbraucht haben. Wenn dein MAN auch ca. 20 Liter auf 100km verbraucht und dein jetziger Adblueverbrauch liegt nur bei 1,25%., dann ist das ist viel zu wenig und kann unter Umständen zu den hohen Reparaturkosten, wie von mir weiter oben angeführt, führen. Ich würde zur Sicherheit bei MAN nachfragen, wie hoch der Adblue Verbrauch ca. ist.


    Gruß

    Detlef