Neulich mal wieder auf einem Stellplatz in Deutschland, am Rande eines Alteisentreffens ...
Auf dem Stellplatz befanden sich die gleichen Gruppierungen, wie sie auf vielen Stellplätzen vorhanden sind. Ein Gruppe von Mobilisten mit den obligatorisch optimierten Serienmobilen mit Bärennase und Leichtbauaufbau, die bereits zum ´zigsten Male auf diesem Stellplatz sind und eine gehörige Portion Besitzergefühle entwickelt haben. Daneben befanden sich eine Gruppe "Alteisenfahrer" mit Eigenausbauten, jeder ein Unikat und auf die Anforderungen seiner Besitzer zugeschnitten; luftig lustige Runde um die Bierzeltgarnituren mit Totenköpfen auf dem Shirt und rassiger Musik aus der Dark-Szene. Natürlich waren die Gruppen streng getrennt weil sich die Camper-Philosophie der alteingesessenen Camper nicht mit der lockeren Art der Alteisenfraktion in Einklang befanden, als ein Concorde Liner, ein Phönix TOP-X und ein Concorde Cruiser auf den Platz rollten um sich neben unseren damaligen ClouLiner zu drapieren.
Derfahrer des Liners öffnete sein Fenster und lehnte sich geschmeidig vom Fahrersitz herab um meine beste Ehefrau von allen zu fragen ob er ihr die Sicht oder noch schlimmer die Sonne nimmt. Frau Zausel grinste und gabe zu Kunde, dass sie den Anblick des Wohnmobils genauso gut finde und hat sogleich ihr Interesse an einer Innenbesichtigung angemeldet ... Die drei Dickschiffe wurden dann noch im Rondel aufgestellt und da es sich um eine Familie handelte, die aus unterschiedlichen Richtungen mit ihren beeindruckenden Fahrzeugen angereist waren, sortierten sie sich zum mobilen Familientreffen in die Runde.
Unter dem inwischen lustig gewordenen Klamauk der Alteisenfraktion schlürte ich mit der obligatorischen Kanne Bier in der Hand über den Platz um mich philosophisch mit der Gruppe der Alteingesessenen auszutauschen. Ein "Watt woll´n DIE denn hier mit ihren Nobelkarossen" schallte mir mit einem nachfolgenden Fragezeichen entgegen. Erst fah´n ´se uns den Platz platt und nun stellen sie sich auch noch so komisch dahin (Anmerkung des Autors: Es gab keine Parzelleneinteilung oder Stellplatzregelung). Ich habe dann kurz Auskunft erteilt, dass man uns freundlich gefragt hat ob sie sich so dicht neben uns stellen dürfen und dass es sich um ein Familientreffen handelt. Mit hochgezogener Augenbraue hat die Wortführerin der vermeindlichen Urbewohner und Reklamationsverantwortlichen damit zufrieden gegeben. Der Alteisenfraktion war all das drumherum sowie so völlig ausserhalb des Fokus.
Nun wurde gründlich aus der Historie von Begegnungen mit Dickschiff-Fahrern und den besonderen Erlebnissen berichtet. Von unangemessener Platzbeanspruchung über sowieso keine echten Camper bis zu den überheblichen aber in direkter Abhängigkeit des Herstellernamens resultierenden Verhaltensformen der Bonzenmobile wurden alle Klischees bedient. Irgendwie waren wir selber überhaupt kein Thema. Unser alter Liner (ClouLiner) war irgendwie weder ein Bonzenauto noch ein Pappmobil und schon garnicht in der Gruppe der Alteisenfrachter zuzuordnen. Ausdieser neutralen Situation heraus durfen wir uns sogar mit den Neuankömmlingen unterhalten ohne von der restlichen Stellplatzbelegschaft behelligt zu werden. Frau Zausel hat sich ausführlich den Concorde-Liner zeigen lassen und mit der Linerbesatzung Rotwein aus der Tüte verköstigt während ich mir den Allrad-Rundhauber mit massivem Stahlaufbau aus dem Millitärumfeld und echtem Holzofen genauer anschaute.
Es war durchaus lehrreich, dass sich die Qualität der Bewohner, interlektuell, moralisch und in ihrer Betrachtungsweise so gar nicht in Relation des Fahrzeugtypes einsortieren ließ. Mit dem Phoenixfahrer habe ich dann eine Dose "Faxe" auf zwei Pappbecher aufgeteilt, mit den Alteisenfahrern den selbstangesetzen Aufgesetzten probiert und bei den Urbelagerern des Stellplatzes ein Pikkolöchen genossen. Allerdings hatte der Cruiserfahrer auch ein "Tannzäpfle" an Bord und bei einem anderen Alteisenbewohner gab es einen Schladerer aus der Birnenfraktion. Der sofort umgesetzte Lerneffekte besagte, dass also auch die Getränkegüte nicht proportional zu den Herstellertypen der Fahrzeuge angesiedelt ist.
Nur die gehässigen, vermutlich auch durch Neid untermauerten Äusserungen der Urstellplatzbelagerer wurden bei mir im Gehirn in der Schublade "Brauch ich nich" abgelegt und führten zu einem neutralisierten Erinnerungsvermögen zu diesem Szenarium auf dem Stellplatz.
Als wir Jahre später auf den Concorde umstiegen, waren diese Erinnerung mit einmal wieder präsent. Ob wir dann wohl auch mit Argusaugen und unangemessenem Respekt vor der Fahrzeugkategorie aussortiert werden? Ob es genug andere Mobilisten gibt, die wissen, dass nicht immer der Inhalt eines Fahrzeuges gleich dem Fahrzeugimage entspricht? Nach reiflicher Überlegung haben wir uns entschlossen diese Bedrohung in Kauf zu nehmen und trotz des teuren Luxusgefährts unseren Lebensstil und unser Verhalten einfach nicht anzupassen. Seitdem laufe ich immer noch mit einer Kanne Bier in der Hand über die Stellplätze, quatsche immer noch mit allen möglichen Leuten ohne die Fahrzeuglänge und das Baujahr zu vergleichen und kann immer noch völlig entspannt die Jeans abschneiden, wenn ich gerade keine kurze Hose dabei habe. AUch unsere Betrachtung gegenüber modernen Dickschiffen hat sich nicht verändert. Wir schauen immer noch interessiert auf die Leute, die da raussteigen. Völlig unabhängig ob da eine Stufe oder gleich eine ganze Treppe pneumatisch, elektrisch oder durch Mamas Hand davorgestellt den Weg aus dem Mobil ebnet. Uns ist es auch völlig egal, ob mit Hund, ohne Kinder im Sonntagsdress oder die Latzhose von der letzten Feldernte den Besitzer schmücken. Nur in einem Punkt bin ich kniepig ... wenn da nicht ein freundliches "Tach" über die Lippen kommt.
Seit vielen Jahren schon turnen wir gleichmäßig über die Stellplätze des Landes und stellen immer wieder fest, dass sich der Menschenschlag der Einwohner von Wohnmobilen nicht an der "Verpackung" festmachen lässt und dass eben nicht immer das drin ist, was die äussere Hülle vermuten lässt. Nicht "Kleider machen Leute" und eben auch nicht "Wohnmobile machen Leute" ... Prollknöppe gibt es eben auch in Pappnasenbären!
Das Wort zum Tage!
Martin